Siegried Stocker Lintner
Für die Zukunft, für die Lanwirtschaft

Siegried Stocker Lintner war früher als Verkäuferin tätig und hatte mit dem Bäuerinnen-Sein nicht viel am Hut. Heute ist sie glückliche Vollzeit-Bäuerin, bringt Schülerinnen und Schülern das Butter schlagen bei und lässt sie das Produkt Milch mit allen Sinnen erleben.
Die Luft ist kalt in Aldein auf 1.500 Metern über dem Meer. Am Horizont erheben sich zwei markante Berge: Es sind das Weiß- und das Schwarzhorn, prägende Punkte am Himmel im Südtiroler Unterland. Die letzten Sonnenstrahlen lassen die Gipfel leuchten, der frische Schnee knirscht unter unseren Füßen. „Da vor dem Weißhorn ist die Bletterbachschlucht“, sagt Siegried und führt uns ein Stückchen weiter. „Hier können wir bis Salurn schauen, da unten ist Tramin und dort“, sie zeigt nach Nordwesten, „sehen wir sogar die Texelgruppe bei Meran.“ Wir merken gleich, dass die Bäuerin sich hier oben wohl fühlt.
Der Wöserhof ist ein Bergbauernhof mit Viehwirtschaft. 20 Milchkühe stehen hier im Stall, Ziegen, Schweine, Hasen und Hühner leisten ihnen Gesellschaft, dazu noch die Katzen und der Hofhund. Siegried bewirtschaftet den Betrieb mit ihrem Mann Christoph und den drei Kindern. Und das mit großer Begeisterung. „Schaut mal, da machen wir immer unsere Runde!“ Siegried führt den verschneiten Forstweg entlang und hält inne. „Wir kommen von dort unten und gehen dann hoch in unseren Wald bis zu einer Wiese mit einer wunderbaren Aussicht.“ Gemeinsam mit einer Freundin bietet sie im Sommer Führungen für das Wohlfühlkonzept „Südtirol Balance“ an. „Rita ist dabei als Heilpraktikerin, ich als Milchbotschafterin tätig.“ 2015 hat Siegried sich zur Botschafterin bäuerlicher Produkte ausgebildet, sich auf das Produkt Milch spezialisiert und ist seitdem in mehreren Projekten aktiv. Siegried und Rita nehmen Neugierige mit auf einen Spaziergang durch Wald und Felder, Kneippen mit ihnen und wandern barfuß über Wurzeln und Gräser. Anschließend gibt es eine Milch- und Quarkverkostung auf dem Wöserhof. Dabei erzählen die beiden Bäuerinnen auch von ihren Höfen und von den Arbeiten der Bauern. „Die Leute wissen oft nicht viel darüber. Sie sehen die großen Maschinen und denken, man kann damit jede Wiese mir nichts dir nichts bearbeiten.“ Siegried schüttelt den Kopf. „Ich erzähle ihnen dann, wie viel Mühe und Handarbeit tatsächlich dahintersteckt.“ Aber obwohl es viel Arbeit ist, genießt Siegried ihren Beruf: „Hin und wieder denk ich mir schon, ich würde jetzt gerne mit sauberen Fingernägeln in einem Büro sitzen. Aber eigentlich möchte ich mein Leben als Bäuerin nicht eintauschen.“

Langsam wird es kalt, die wärmende Sonne ist schon längst hinter dem Mendelkamm verschwunden. Deshalb schlendern wir zurück zum Bauernhaus und setzen uns in die Stube neben den Ofen. Im Winter ist das Leben auf dem Wöserhof etwas ruhiger. Da fährt Siegried ins Tal, um beim Milchschulprojekt Kinder im ganzen Land zu besuchen.
„Ich liebe es, in den Schulen unterwegs zu sein. Die Kinder lernen mit allen Sinnen das Produkt Milch kennen“,
meint die Aldeinerin. Die Schülerinnen und Schüler der dritten Grundschulklassen brauchen keine Griffelschachtel, wenn Siegried sie besucht. Sie müssen nicht mitschreiben, nicht pauken, nicht lesen, nicht rechnen. Aber sie hören zu. Schmecken, tasten, riechen. Schlagen Butter, verkosten Milch und Milchprodukte, tauchen für 90 Minuten in die Welt des Bauernhofes ein.
2020 wurde Siegried zur Bäuerin des Jahres gewählt. „Wir haben die Möglichkeit dazu, Lebensmittel zu produzieren, das Leben und Wirtschaften am Hof weiterzutragen, auch wenn es oft anstrengend ist und Entbehrungen mit sich bringt. Es lohnt sich, wir festigen damit die Zukunft unserer Kinder, unserer Landwirtschaft und auch unseres Landes!“, so Siegrieds Botschaft an die Gesellschaft.
